Herbst Rallye
 
 
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Thierry Neuville im Interview:
 

Thierry Neuville, der sich möglicherweise schon bald zum Weltmeister krönt, bereitet sich bei der Herbstrallye auf zwei für ihn wichtige Rallyes vor. Wir baten den Belgier zum Interview.

Fotos: Harald Illmer

Das Hyundai Shell Mobis World Rally Team nützt die Herbstralle Dobersberg als Vorbereitung auf die letzten beiden Rallyes der Weltmeisterschaft. Thierry Neuville und sein Copilot Martijn Wydaeghe führen in der WM-Tabelle, verfügen über 29 Punkte Vorsprung und sind eigentlich auf bestem Wege, Weltmeister zu werden. Doch gerade Thierry Neuville ist in dieser Hinsicht ein „gebranntes Kind“, schließlich hat er schon mehrmals den greifbaren Titel verloren, wurde fünfmal Vize-Weltmeister. Einen Ausfall darf sich der Belgier bei der Zentraleuropa-Rallye nicht leisten - wahrscheinlich keine leichte Situation. Wir haben nachgefragt und baten Thierry Neuville zum Interview, die Fragen stellte Herbstrallye-Presseagent Noir Trawniczek.

Thierry, offiziell warst du zuletzt im Jahr 2008 in Österreich, bei der Pirelli Star Driver Search - kannst du dich noch daran erinnern?
Das ist schon sehr lange her - ich kann mich nur noch vage daran erinnern. Da war eine Asphalt-SP, eine Schotter-SP…


Hättest du dir damals vorstellen können, dass du später einmal Jahr für Jahr um die Weltmeisterschaft fighten wirst?
Nein. Das ist damals auch gar nicht das Ziel gewesen, ehrlich gesagt. Man hat mir damals die Gelegenheit gegeben, in Belgien bei einem Contest (Ford Euro Race Rally Contest, Anmerkung) mitzumachen, den zu gewinnen und dann an dem Shootout teilzunehmen. Aber ich hätte nie gedacht, dass es irgendwann einmal weitergeht. Ich habe damals nicht gedacht, ohne finanzielle Möglichkeiten überhaupt irgendwie weitermachen zu können. Über die eine Saison hinaus, die ich von der belgischen Federation und von Ford bezahlt bekommen habe.


Die Sonderprüfungen der Herbstrallye sind legendär, auf jeden Fall in Österreich - sie waren früher Teil der Semperit-Rallye. Hast du davon gehört?

Ehrlich gesagt nein. Das erste Mal, dass ich von der Rallye gehört habe war letztes Jahr, als mein jetziger Teamkollege (Ott Tänak im M-Sport Ford Puma Rally1 Hybrid, Anmerkung) dort gestartet ist. Und da die kommenden Rallyes in der Weltmeisterschaft Asphaltrallyes sind, ergab sich die Gelegenheit, uns hier mit unserem Rally1-Fahrzeug vorzubereiten.


Du bereitest dich auf, wie ich annehme, zwei für dich sehr wichtige Rallyes vor - du führst mit guten 29 Punkten Vorsprung, man könnte sagen du bist knapp vor dem Ziel. Ist das eine besondere Zeit für dich?
Ja, es ist klar, dass wir unserem Ziel bei den letzten Rallyes ein großes Stück näher gekommen sind. Und dass wir jetzt all unsere Energie und die Möglichkeiten, die wir haben, mehr Zeit im Auto zu verbringen - dass wir die nutzen, um halt so gut wie möglich vorbereitet zu sein. Die Meisterschaft ist wichtig, beide Meisterschaften sind wichtig für Hyundai - da gilt es bei der Zentraleuropa-Rallye gut abzuschneiden, damit wir die Fahrer-Meisterschaft unter Dach und Fach kriegen. Das wäre natürlich das optimale Szenario - damit wir uns danach (Rallye Japan, Anmerkung) nur noch auf den Herstellertitel konzentrieren müssen. Mal abwarten, wie es dann nächste Woche läuft.


Ich hoffe du verzeihst den Vergleich, den du wahrscheinlich nicht zum ersten Mal hören wirst - nämlich mit Nigel Mansell, der in der Formel 1 mehrmals Vize-Weltmeister wurde. Du wurdest auch fünfmal Vize-Weltmeister - doch das wird dir wahrscheinlich nicht genügen?
Ja gut ich bin schon lange in der Rallye-WM dabei, habe schon tolle Jahre erlebt und bin mit den schnellsten und tollsten Fahrzeugen gefahren. Als jemand mit großer Leidenschaft für den Rallyesport, als passionierter Rallyefan war es mein allergrößtes Ziel, überhaupt einmal Rallyes zu fahren. Dann ist es ja ein Bisschen mehr geworden und da würde ich sagen, dass ich meinen Traum bereits erfüllt habe. Aber im Laufe einer Karriere setzt man sich natürlich Ziele und da ist der Weltmeistertitel selbstverständlich ein besonderes Ziel, das wir bislang noch nicht erreicht haben. Doch da haben wir zuletzt wirklich hart daran gearbeitet. Wir hatten in dieser Saison von Anfang an die bessere Strategie und haben die Führung halten können - doch es sind noch zwei Rallyes zu fahren und da müssen wir mit der gleichen Methode herangehen, um endlich den ersehnten Titel nach Hause zu holen.


Ich gehe davon aus, dass man in so einer Situation nicht das ‚letzte Hemd‘ riskiert - weil ein Ausfall das Schlimmste wäre . Ist es für dich schwieriger, auf Ankunft zu fahren - im Vergleich zum Saisonbeginn, wo man unbeschwert Vollgas geben kann?
Ich sage es so: In der Situation, in der wir jetzt sind, können wir eigentlich nur noch den Titel verlieren. Das heißt, dass wir da ganz klar eine andere Herangehensweise haben müssen wie zu Beginn der Saison. Und das haben wir aber schon bei den letzten drei bis vier, wenn nicht sogar fünf Rallyes gezeigt - mit dem ganzen Road-Cleaning, immer als erste auf die Strecke zu müssen - dass wir uns trotzdem hoch gearbeitet haben, um dann am Sonntag eine bessere Startposition zu haben und um am Super-Sunday und in der Powerstage zusätzliche Punkte mitzunehmen - das hat nicht immer funktioniert. Auf Asphalt sieht das Ganze schon wieder anders aus. Da sollten wir als Erste auf der Strecke generell einen Vorteil haben - davon gilt es zu profitieren. Das sollte uns die Möglichkeit geben, weniger Risiko zu nehmen und trotzdem schnell unterwegs zu sein. Wir müssen natürlich ein Auge auf unseren Hauptkonkurrenten Ott Tänak werfen - wir brauchen bei der Zentraleuropa-Rallye einen Punkt mehr als er, weil und das den Fahrertitel sichern würde.

Die Herbstrallye ist für euch ein wichtiger Test - kann man bei einem Test sich darauf fokussieren, dass das Auto eher haltbar ist?
Nein, man bereitet sich darauf vor, das Auto möglichst gut für alle möglichen Bedingungen vorzubereiten. Es geht darum, sich im Auto wohl zu fühlen - den Rest passt man den Bedingungen an. Wenn es trocken ist und es ist eine eher leichte Prüfung, dann wird man da natürlich schnell fahren können. Wenn es dann aber schwieriger wird oder das Wetter schlechter wird - dann fährt man natürlich auf Nummer sicher. Da muss man die ganze Zeit über den Rhythmus anpassen - das kann in einer einzigen SP variieren.

Das heißt ihr könnt das wirklich: Zwischen 100 Prozent und 93 Prozent unterscheiden?
(lacht) Ja, wir versuchen es auf alle Fälle. Wir zählen auf die Erfahrung und darauf, dass wir unser Fahrzeug mittlerweile gut kennen. Auf Asphalt hat man halt immer die Überraschungen - die Strecke ist von einem Durchgang zum anderen rutschig geworden und selbst mit der Hilfe der Gravel-Crew kann eine Kurve schmutziger sein, wie man sich das vorgestellt und man es aufgeschrieben hat. Da kann so eine Überraschung eventuell zum Verhängnis werden. Aber generell sind wir da gut trainiert und auch mit unserer Gravel-Crew gut eingespielt, sodass da nichts passieren wird.


Wenn man in Österreich mit Leuten aus der Rallye-Community spricht, sagt nahezu jede/r, dass man dir vergönnen würde, dass du endlich Weltmeister wirst. Das ist schön - zugleich möchte ich ehrlich gesagt nicht in deiner Haut stecken, denn das ist ja wahrscheinlich auch ein immenser Druck, der da auf deinen Schultern lastet?
Jaaaa (überlegt). Ich denke es ist toll zu hören, dass ihr uns das gönnt - das zeigt auch, dass wir es schon in den vergangenen Jahren verdient hätten. Bei den fünf Vízemeistertiteln haben wir zweimal bis zum Schluss gegen den Sebastien (Ogier, Anmerkung) gekämpft und da hätten wir es sicherlich verdient. Und einmal haben wir ganz klar durch einen Plattfuß den Titel verloren, in Australien. Und deswegen denke ich: Ja, wir haben es verdient, wir hatten dieses Jahr sicher die besseren Strategien und auch unser Fahrzeug war konstant. Sodass wir schnell waren und zugleich wenig Probleme hatten in diesem Jahr. Deswegen muss man hier die Daumen drücken, dass es auch die letzten zwei Rallyes über so bleibt. Und dann sollte es klappen.


Ich denke, dass dir viele österreichische Fans die Daumen drücken werden und ich tu es auch.
Das freut mich, dankeschön.

Pressedienst Herbst Rallye 2024
Michael Noir Trawniczek

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