Auf dem LOAB Flugplatz Dobersberg waren sich alle einig: Die Herbstrallye war auch heuer wieder das absolute Saisonhighlight. Und das betrifft nicht nur die hohe Anzahl an gestarteten Teams…
Fotos: Harald Illmer
„Es ist schön, wieder hier zu sein - die Herbstrallye ist meine Lieblingsveranstaltung, die Prüfungen sind wirklich gut und die Organisatoren sind die Besten, die ich kenne. Hier ist einfach alles perfekt“ - die Blumen kommen von Dani Fischer aus Ungarn, er wurde 2016 Clubmeister der Austrian Rallye Challenge und ist einer der Stammgäste der Herbstrallye Dobersberg. Fischer bringt es, stellvertretend für viele, auf den Punkt.
106 Teams aus acht Nationen, rund 25 aus dem „gelobten Rallyeland“ Tschechien, rund 15 aus Ungarn - diese Zahlen sprechen eine klare Sprache. Die Herbstrallye Dobersberg war für sehr viele das absolute Saisonhighlight. Im Servicepark auf dem LOAB Flugplatz Dobersberg trafen einander die großen Enthusiasten des Rallyesports - von Thierry Neuville und dem Hyundai Shell Mobis World Rally Team, der sich unter dem österreichischen „Rallye4you“-Reglement auf die beiden für ihn wichtigsten Rallyes vorbereiten konnte und der heuer so knapp vor dem ersehnten ersten WM-Titel steht, bis hin zu den leidenschaftlichen „Bastlern“ am anderen Ende des Serviceparks - jene „Kleinen“, welche die Basis für den Erfolg der Herbstrallye bilden. Jene Aktiven also, die keine ganze Woche dafür aufbringen können, um ihrer Leidenschaft nachzugehen. Jene Aktiven, die das kompakte Format der Herbstrallye schätzen und die sich damit auch verstanden fühlen. Und schließlich die Fans, die sich vom bunt gemischten Starterfeld angezogen fühlen und mit ihrem Interesse solche Veranstaltungen ermöglichen. Aktive und Fans bilden eine Symbiose, beleben Hotellerie und Gastronomie der Region. Alle zusammen haben einmal mehr gezeigt, dass die gemeinsam gelebte Leidenschaft für diesen Sport noch immer Großes ermöglichen kann…
Roman Mühlberger, der mit der Rallye Gemeinschaft Waldviertel diese Rallye seit 2015 organisiert, blickt erfreut zurück: „Es war ein gelungenes Wochenende. Die vielen Starter und die zahlreichen Fans zeigen uns, dass unsere Arbeit für gut befunden wird. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mitgeholfen haben: Helfer und Helferinnen, Unterstützer, Sponsoren und die gesamte Region. Man sieht: Wenn man das mit Herz und Liebe zum Rallyesport macht, kommt so ein Event heraus.“ Mit einem Augenzwinkern fügt Mühlberger hinzu: „Natürlich muss man dafür auch einen ziemlichen Vogel haben.“
Mario Popp aus dem Organisationsteam spricht vielen aus der Seele, wenn er sagt: „Ein großes Dankeschön an Roman Mühlberger - ohne seinen Einsatz wäre dieses internationale Rallyefest nicht möglich. Natürlich sind auch die Sponsoren und viele gute Menschen, die den Motorsport und diese Rallye lieben notwendig - aber Roman ist der Kopf, das Herz und die Seele dieser Veranstaltung geworden!“
Neubauer vs Von Thurn und Taxis - Kennenlernen vs Aufbäumen:
„Die Herbstrallye ist eine richtig coole Veranstaltung“, lobte auch Hermann Neubauer den Event. Als der zweifache Staatsmeister kurzfristig seinen Start beschlossen hatte, war er für viele der absolute Topfavorit. Doch er selbst verwies darauf, dass er mit dem Citroen C3 Rally2 des relativ kleinen E&S Motorsport Teams völliges Neuland betritt. Außerdem gestalteten sich die legendären Sonderprüfungen der Herbstrallye (Stichwort Semperit Rallye) vor allem am Samstagmorgen, mit dichtem Nebel und tückischen, rutschigen Stellen, zu echten Prüfsteinen, wie Hermann offen zugibt: „Ich hatte aus dem Vorjahr Onboard-Videos zur Verfügung - doch heuer waren die Prüfungen noch einmal deutlich schwieriger.“ So schwierig, dass es vor allem auf den ersten beiden Prüfungen zu Unfällen kam, die jedoch glücklicherweise allesamt ohne Verletzungen ausgingen.
Während sich Hermann Neubauer mit dem ungewohnten Arbeitsgerät anfreundete, wuchs Albert von Thurn und Taxis einmal mehr über sich hinaus. Der Deutsche konnte sich in Kooperation mit dem Baumschlager Rallye Racing Team bereits das ganze Jahr über stetig steigern - nach einer kurzen Pause wegen Rückenproblemen kehrte er noch stärker zurück und konnte so die Herbstrallye spannend halten. Immer wieder bäumte sich der 41-Jährige auf, dreimal konnte er Neubauer schlagen und die Bestzeit markieren. Und das mit einem neuen Copiloten - die menschliche Chemie zwischen ihm und Michael Wenzel habe dafür gesorgt, dass er drei Bestzeiten in den Asphalt brennen konnte. „Ich kann das gar nicht glauben, dass uns das gelungen ist“, jubelte er. Am Ende fehlten Von Thurn und Taxis/Wenzel lediglich 14,5 Sekunden. Und mit Peter Eibisberger wurde der Teamerfolg von BRR abgerundet - denn trotz seiner seltenen Rally2-Einsätze konnte Eibisberger unangefochten Platz drei belegen.
Mehr als eine Minute hinter Eibisberger belegte Christoph Zellhofer bei einem seiner leider seltenen Rally2-Fahrten den vierten Platz vor dem Tschechen Jan Cerny in einem Ford Fiesta Rally3 und dessen Landsmann David Tomek in einem Skoda Fabia Rally2.
Lokalmatador Rene Kiehtreiber der große Held der Herbstrallye
Als deutlich bester Nicht-Rally2/Rally3-Pilot sorgte ein Waldviertler Lokalmatador für Staunen: Rene Kiehtreiber und Christian Eisenmagen vom MSC Thayaland brannten sich in ihrem Mitsubishi Lancer Evo V in die Herzen der Fans. Das Duo landete auf dem unglaublichen siebten Gesamtrang inmitten lauter stärkerer Fahrzeuge. Wie konnte das passieren? Rene Kiehtreiber lacht - und verrät: „Ich bin hier zuhause und fahre die Prüfungen fast jeden Tag zur Arbeit. Ich kenne daher jeden Meter auswendig und weiß auch, welches Wetter sich wie auf die Bedingungen auswirkt. Unser Auto ist ja schon recht alt und ist normalerweise nicht so stark.“
Wobei Kiehtreiber bei der Perger Mühlsteinrallye immerhin Platz zwei der Klasse 7.1 und den ARC-Sieg erringen konnte. Die Sensation der Herbstrallye dürfte also nicht nur an der guten Ortskenntnis gelegen haben. Überhaupt: Der 41-jährige Rene Kiehtreiber ist ein später Quereinsteiger - denn seine erste Rallye fuhr er 2019: „Ich habe mir den Evo V selbst als Rallyeauto aufgebaut, es war ein Straßenauto - ich bin von Beruf Mechaniker und bin über den Evo zum Rallyesport gekommen.“
Lukas und Raphael Dirnberger: ARC- und ART-Clubmeister
Kiehtreiber konnte mit seinem starken siebten Platz freilich auch den ARC-Sieg feiern - vor Lukas Dirnberger, der sich damit zum Clubmeister der Austrian Rallye Challenge krönen konnte. Auch Dirnberger glänzte mit starken Bestzeiten, während sein Gegner im Kampf um die ARC-Krone, Marcel Neulinger mit Getriebeproblemen zu kämpfen hatte. Lukas Dirnberger als ARC-Champion 2024 - sowohl er als auch Marcel Neulinger pilotieren einen serienartigen, PS-schwachen Ford Fiesta ST. Dirnberger siegte damit auch ganz klar in der Klasse 7.3.
Doch auch der Bruder von Lukas Dirnberger, Raphael Dirnberger (Opel Corsa Rally4) blickt auf eine erfolgreiche Herbstrallye zurück. Er konnte sich mit Platz drei in der ART hinter den ART1-Piloten Christoph Zellhofer und Gerold Neumayr im ART-Titelfight gegen Thomas Regner durchsetzen und so die Austrian Rallye Trophy 2024 für moderne Fahrzeuge gewinnen.
Max Zellhofer als Proto-Dominator auf Platz neun:
In der Klasse 8 für Protofahrzeuge sicherte sich Max Zellhofer im ZM Racing-Eigenbau Suzuki Swift ZMX auf Gesamtrang neun den Sieg vor Race Rent Austria-Pilot Marco Aubrunner in einem Evo 6.5 und Teamkollege Christoph Wögerer, der in seinem in Camouflage-Farben gehaltenen Mitsubishi A6M den ARCP-Sieg einfahren konnte. Den ARCP-Clubmeister angelte sich schon vor der Herbstrallye RRA-Pilot Reinhard Frühwald.
Die Klasse 10 für jene Fahrzeuge, die nicht in die heimischen Klassen gehören und welche ausländischen Teams vorbehalten ist, ging ganz klar an den Tschechen David Komarek im Toyota Yaris GR. In der RGT gewann der Tscheche Radoslav Nespor im Porsche 997 GT3, der gesamt Platz 31 belegte. In der RC5 war der Tscheche Tomas Vecerka im Renault Clio Rally5 der einzige Starter. Bleibt noch die Klasse 9 für alternative Kraftstoffe, die Markus Jaitz und Beifahrerlegende Johann Drapela 18,1 Sekunden vor Andreas und Silvia Fraissl gewinnen konnten. Beide Teams pilotierten einen mit dem umweltfreundlichen HVO 100-Diesel betriebenen Fiat Stilo JTD.
Girl-Power: Schönborn auf Platz 20 gesamt - Pia Steffe Vierte in der Klasse
Gleich drei Pilotinnen waren bei der Herbstrallye 2024 am Start. Große Beachtung weckte die Deutsche Claire Schönborn bei ihrer ersten Rallye - und zwar in einem Ford Fiesta Rally3, mit dem sie bei der Zentraleuropa-Rallye um eine Saison in der JWRC kämpfen wird. Ihr Technischer Berater Günther Aschacher (vormals Stohl Racing und KTM) hält viel von ihr: „Die Daten sprechen eine deutliche Sprache - sie hat enormes Talent.“ Zwar musste sie sich in der Klasse RC3 deutlich gegenüber dem Tschechen Jan Cerny geschlagen geben (Platz drei hinter Cerny und Jiri Pertlicek jun., Platz 20 gesamt), doch auf SP8 beispielsweise fehlten ihr nur 20,9 Sekunden auf den schnellen Routinier.
Die Ungarin Dorka Zagyva pilotierte ebenfalls einen Ford Fiesta Rally3 und wurde in der RC3 direkt hinter Schönborn Vierte. Die Österreicherin Pia Steffe und ihre Copilotin Nina Spitaler konnten in der Klasse 7.1 mit einem guten vierten Platz auf sich aufmerksam machen - noch vor bekannten Namen wie Stefan Kaar oder Robert Zitta.
Experiment Rally4 gelungen - doch Lukas Herz bleibt historisch:
„Es war ein Experiment - und es ist gelungen“, bilanziert der dreifache Historik-Staatsmeister Lukas Schindelegger seine Premierenfahrt im Peugeot 208 Rally4 von Wurmbrand Racing. Im Vorfeld versprach Lukas, dass sich „einige Herren wundern werden“ - und tatsächlich konnte sich das Duo Lukas und Helmut Schindelegger sukzessive steigern - auf SP8 war es dann so weit: Mit der fünftschnellsten Zeit in der Klasse RC4 waren die beiden schnellste Österreicher und ließen dabei namhafte Landsleute hinter sich. Im Endergebnis wurde es Platz acht der RC4.
War das Abenteuer Rally4 der Anfang einer Karriere in der modernen Kategorie? Lukas Schindelegger verneint heftig: „Der historische Escort steht in unserer Garage und wird jetzt generalüberholt - es war ein einmaliges Erlebnis denn unser Herz gehört den Historischen.“
Lada-Pilot Wanko wird ARC Historik-Champion:
Bei jenen Historischen, die naturgemäß immer ein wenig aufgesplittert sind in ihre Klassen. Bernhard Hengl, ähnlich jung und talentiert wie Lukas Schindelegger, konnte sich im Ford Escort MkI RS 2000 ganz klar in der Klasse 6.2 durchsetzen. In der Klasse 6.3 war Volvo-Pilot Benjamin Manz der einzige Starter. In der 6.6 landete Alfons Nothdurfter vor Gerhard Fragner. In der 6.4 musste sich Lada-Pilot Mario Wanko zwar dem Tschechen Tomas Klokocnik im Skoda Favorit geschlagen geben - doch in der Austrian Rallye Challenge Historik (ARCH) konnte sich Wanko zum neuen Clubmeister krönen.
MSC Thayaland: Große Freude vs „Legendensterben“:
Der MSC Thayaland durfte sich zwar wie erwähnt über den sensationellen siebten Platz von Lokalmatador Rene Kiehtreiber und den ARCH-Titel für Mario Wanko freuen - doch zugleich musste auch ein „Legendensterben“ hingenommen werden. So sahen sowohl Michael Franz im VW Golf 3 Kitcar als auch Jürgen und Franz Blei im Opel Astra keine Zielflagge. Auch Benjamin Lamprecht im Ford Fiesta Proto blieb die Zielankunft verwehrt. Womit sie das gleiche Schicksal erlitten wie auch die Wiener Christoph Weber und Stefan Langthaler in ihrem VW Golf 3 Kitcar.
Pressedienst Herbst Rallye 2024
Michael Noir Trawniczek
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